Wein Wissen: Die Hefe macht's

Jonas Ettlin erklärt: Die Weinhefe

Die Hefe ist für den Winzer ein spannender Helfer. Dank ihr wird aus Traubensaft Wein und die kleinen Pilze produzieren nicht nur den Alkohol, sondern sie sind auch für die Aromatik des Weines von grosser Bedeutung.

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Ohne Hefe würde es keinen Wein geben: Nach der Weinlese schlägt ihre Stunde. Die Hefe markiert im Weinkeller die Grenze zwischen Traubenmost und Wein. Durch alkoholische Gärung verwandelt sie den Saft zu Wein. Die alkoholische Gärung ist dabei der Umbau von Zucker zu Alkohol, den die Hefe bewerkstelligt. Das macht der kleine Helfer im Weinkeller jedoch nicht uneigennützig: Für sie geht es ganz philosophisch um Existentielles. Im Zuckersaft freut sich Hefe wie im Paradies und tobt sich aus. Der Zucker ist ihre Lebensgrundlage, aus der sie Energie und als Abfallprodukt Alkohol und CO2 macht. Das Schlaraffenland wird für die Hefe mit der Zeit jedoch zum eigenen Grab. Je mehr sie sich austobt und je mehr sie transformiert, wird die hohe Alkoholkonzentration oder die Absenz von neuem Zucker für sie tödlich.

Im Weinkeller kommt die Saccharomyces cerevisiae respektive die Bierhefe zum Einsatz. Das ist dieselbe Hefeart, die wir für Brot und Bier einsetzen. Es gibt jedoch noch andere Hefen und sogar solche, die für Wein zerstörerisch sind. Wenn die Saccharomyces Brettanomyces oder kurz die „Bretthefe“ den Saft befällt, dann ist der Wein hinüber: Er stinkt animalisch nach Pferdeschweiss.

Dass die Saccharomyces cerevisiae existiert, ist eine relativ junge Erkenntnis obwohl sie seit Jahrtausenden von Menschen genutzt wird, um aus Zuckersaft lustige Getränke zu machen. Im 18. Jahrhundert wurde die 10 Mikrometer grossen Pilze das erste Mal unter dem Mikroskop gesehen und erst im 19. Jahrhundert wurde beweisen, dass Hefe der Grund für Alkohol ist. Dabei kommt die Hefe überall vor. Sie hat ein physiologisches Stadium, während dem sie sich in der Luft bewegen kann. Schneidet man einen Apfel an, setzt einen Sauerteig an oder lässt Traubenmost stehen, lässt sie sich nieder und beginnt ihren Zersetzungsprozess von „süss“ zu „vergoren“.

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Wenn Hefe auf einen „Lebensraum“ trifft, vermehrt sie sich zunächst in rasanter Geschwindigkeit durch Sprossung (Zellteilung). Für die Hefe geht es zunächst darum, sich gegen andere Hefestämme durchzusetzen. Wenn die Population hoch genug ist, beginnt die Hefe richtig zu arbeiten. In einem gärenden Wein finden wir 10 bis 100 Millionen Hefeteilchen pro Milliliter. Bei einem Deziliter Sauser kann man schnell die gesamte Anzahl an Menschen an Hefezellen verschlingen.

Bei einem Naturwein macht die Wildhefe, die sich im Most durchsetzt, den Wein. Diese Spontanvergärung ist im Naturweinbereich der Standard. Doch haben Weinproduzenten damit angefangen, verschiedene Hefen zu selektionieren. Heute gibt es wohl einige tausend Hefen auf dem freien Markt in Form von Pulvern zu kaufen. Dabei haben die verschiedenen Hefen verschiedene Eigenschaften: Es gibt Aromahafen, Strukturhefen und Volumenhefen.

Auch deshalb ist Wein ein Kunsthandwerk: Wichtig ist, dass die Gärung optimal läuft, nicht zu schnell aber doch schnell genug, dass es zum Schluss ausreichend Hefe gibt, um den Restzucker noch umzuwandeln.

Die Aromahefen favorisieren gewisse Aromen, die bereits im Traubensaft stecken. Der Wein hat Vorstufen von den Aromamolekülen in sich und die Hefe macht während der Gärung das Milieu so, dass sich diese Stoffe hervorheben. Die Strukturhefe gehen mehr auf die Struktur und Volumenhefen produzieren Glyzerin und Bernsteinsäure, was wir als voluminös und Schmelz wahrnehmen.

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Bei der Gärung entstehen Alkohol, CO2 und Energie, respektive Wärme. Im Weinkeller muss diese exothermische Reaktion kontrolliert werden, um die Qualität zu halten. Es gibt Hefen, die bei extremen Temperaturen gären, aber die normale Gärung findet bei Weisswein zwischen 16 und 20 Grad Celsius und bei Rotwein zwischen 18 bei 30 °C statt. Hefe hat einen Mechanismus, sich unter idealen Bedingungen zu überlasten. Sie arbeitet schneller als ihre Physiologie es zulässt und überlastet sich. Dabei schüttet sie das Stresshormon Hystamin aus, das die grösste Schuld an stechenden Kopfschmerzen am nächsten Tag trägt. Bei industriellen Weinen, bei denen die Zeit im Gärtank gering gehalten wird, wird das für den Profit in Kauf genommen.

Auch deshalb ist Wein ein Kunsthandwerk: Wichtig ist, dass die Gärung optimal läuft, nicht zu schnell aber doch schnell genug, dass es zum Schluss ausreichend Hefe gibt, um den Restzucker noch umzuwandeln. Wenn man keinen trockenen Wein will, stoppt man den Gärprozess mit der Zugabe von Schwefel, durch Filtration oder durch Abkühlen des Weins, so dass nicht aller Zucker in Alkohol umgewandelt wird.

Nach der Gärung stirbt die Hefe – am Alkoholmilieu, mangelnder Nahrung, dem Schwefel oder an den Temperaturen. Sie setzt sich als Hefesatz im Tank ab. Man kann sie herausnehmen und einen Schnaps daraus brennen. Der Truser war früher sehr beliebt und wird noch heute des Öfteren gebrannt. Oder man lässt den Wein „auf Hefe“ resp. „sur lies“. Der Hefesatz wird dann regelmässig aufgerührt, so dass sich die Hefezellwände zersetzten und sich weiche Proteine im Wein freisetzen. Doch bevor im Keller die Frage nach den Heferesten gestellt werden kann, muss man seine Hefe wählen: Für einen frischen und spritzigen Wein, muss man keine Volumenhefe nehmen.

Source: Text auf winemaker.com

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