Wein Wissen: Das Barrique

Jonas Ettlin erklärt: Weinlausbau im Barrique

Wenn ein Wein für sich eine gesamte Aromawelt trägt, tut der Ausbau im Barrique noch eine weitere Dimension an Geschmack und Stilistik auf. Doch war das Barrique ein Transportgefäss, bevor es zum Geschmacksveredler avancierte.

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Der erste Zweck eines Barriques ist, dass man Wein hineinlegt, um diesen von A nach B zu transportieren. Um dabei praktikabel zu sein, sollte es gefüllt und ungefüllt gut zu handhaben und langlebig sein. Ein klassisches Transportbarrique wiegt zwischen 40 und 50 Kilogramm und lässt sich von einer Person auf einen Wagen heben. Gefüllt lässt sich das Fass zumindest noch legen und rollen. Dass das für untrainierte Privatmenschen nicht unbedingt gut handhabbar ist, zeigt das Beispiel verschiedener Zürcher Familien, die sich jedes Jahr ein Fass aus dem Burgund mit dem Zug liefern liessen. Anstatt das Fass vom Güterbahnhof nach Hause zu hieven, wurde der Wein zwischen den Gleisen feucht fröhlich in Flaschen abgefüllt und verkorkt.

Der zweite Verwendungszweck des Barriques liegt an dem Einfluss, den das Fass auf Wein haben kann. Es heisst, dass trinkfreudige Engländer mit der Zeit feststellten, dass die Weine aus Frankreich, die in Eichenfässern importiert wurden, im Geschmack spannender und interessanter waren als die anderen. Diese Beobachtung wurde in Frankreich mit spitzen Ohren aufgenommen und die Winzer entdeckten und erforschten den Ausbau in Holzfässern. Nicht umsonst wurde Bordeaux zur Hochburg der Barrique-Weine.

Dass die Eiche das Holz der ersten Wahl war, war zunächst dem Transport geschuldet. Eiche ist stabil und fest, was ein Fass langlebig und wiederverwendbar machte. Beim Ausbau wurde auch mit anderen Hölzern gespielt. Kastanie, Akazien und Buche gerieten in den Fokus, doch zeigten sie Schwächen. Kastanie und Buche sind im Geschmack zu kräftig, wohingegen der Saft im Holz der Akazie voller Polysacchariden ist. Diese Vielfachzucker werden in Konditoreien als Süssungsmittel benutzt. Das mag für den ein oder anderen Dessert-Wein eine gute Bereicherung sein, doch hat sich bis heute nur die Eiche als universelles Holz bewährt – genauer gesagt finden nur die Stileiche, die Traubeneiche und die amerikanische Weisseiche im Fassbau Verwendung.

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Zentralfrankreich gilt als Mutterland der Fasseichen. Hier sind die Eichen-Terroirs bekannt und die Fendeurs de Merrains spalten ihre Dauben entlang der Fasern, damit das zukünftige Fass auch dicht ist. Art und Terroir spielen für das Aroma zwar eine wichtige Rolle, doch erhält jedes Fass seinen prägenden Charakter durch das Toasting. Über offenem Feuer wird das Fass zwischen 60 bis 120 Minuten mehr oder weniger geröstet. Das Ergebnis reicht von ungebräunt bis zu total verkohlt. Die Röstung setzt dabei verschiedene Geschmäcker frei. Ungetoastet zeigen sich die Tannine von Holz und Noten von Kokos und Vanille über blumige Noten. Mit zunehmender Röstung reicht das Spektrum über Kakao, Kaffee und Nüsse bis zu Toastbrot.

Mit den fertigen Fässern eröffnet sich eine unendliche Spielwiese für den Önologen. Er kann den Frühwein, dessen Aromen von den Trauben kommen, nun im Fass um ganze Geschmackswelten erweitern: Tannine, Röstaromen, Kaffee- Kakao und Nussnoten gehen in den Wein über und ergänzen ihn. Dazu ermöglicht das Holz zu einem Gasaustausch mit der Aussenluft, deren Sauerstoff für den Wein besonders wichtig ist. Der Sauerstoff reagiert mit den Tanninen. Die jungen Gerbstoffe nehmen wir im Gaumen rau wahr. Im Barrique setzen sie sich jedoch durch Mikrooxidation zu grösseren Strukturen zusammen, was wir am Gaumen als weich wahrnehmen. Am Ende sollte der Ausbau im Barrique einen Wein veredeln.

Einen anderen Traum verfolgten übrigens die Pariser, die statt Wein Sand in die Fässer füllten, um damit Strassen zu blockieren und so ihre Revolution machten. Politisch wurde das Barrique zur Barrikade.

Source: Text auf winemaker.com

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